Freitag, 28. Februar 2014

Chance vertan!

„Hier wurde die Chance auf eine echte Rentenreform leichtfertig verspielt!“

Für den Bundesverband der Rentenberater e.V. hat der neue Gesetzentwurf kaum Reformpotenzial

Mit enormen Mehrausgaben hat die Bundesregierung ein Rentenpaket geschnürt. Bei vielen Versicherten kommen davon allerdings nur „Rentenpäckchen“ an. Teilweise vernünftige Ideen bleiben im Ansatz stecken, wichtige Bereiche wie die Lockerung der Hinzuverdienstgrenzen für Frührentner wurden nicht berücksichtigt. Das wichtigste Thema „Altersarmut“ wurde gleich komplett auf später verschoben – ohne konkrete Angabe von Zeitrahmen oder Plänen.

Die Bekämpfung der Altersarmut war vor allem für die SPD vor der Wahl ein wichtiges Thema. Die Ministerin belässt es bei der vagen Ankündigung „etwas tun zu wollen“. Im aktuellen Gesetzentwurf ist hierzu nichts zu finden. Die sogenannte „Mütterrente“ nützt Rentnern, die von der Grundsicherung leben nichts – sie wird mit der Sozialleistung verrechnet.

Ideen, wie Geringverdiener und Teilzeitbeschäftigte vor der „Armutsfalle Alter“ geschützt werden sollen? Fehlanzeige. Dabei gäbe es mit der Wiedereinführung der Rente nach Mindestentgeltpunkten immerhin einen vernünftigen Ansatz zum Schutz vor Altersarmut.

Eine wirkliche Reform ist allerdings bei der lange fälligen Neuregelung der Erwerbsminderungsrente gelungen. Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten kann, wird durch das neue Gesetz besser abgesichert. Neurentner werden so gestellt, als ob sie bei gleichem Durchschnittslohn zwei Jahre länger gearbeitet hätten. Die letzten vier Jahre vor der Erwerbsminderung dürfen sich nicht negativ auf die Rentenhöhe auswirken.

Die sogenannte „Mütterrente“ ist ein Schritt in die richtige Richtung; gesellschaftlich ausgewogen und gerecht sind die aktuellen Pläne und vor allem die Finanzierung deswegen noch lange nicht.

Zum einen wird die gleiche Leistung, nämlich die Erziehung von Kindern, weiter unterschiedlich bewertet und niemand kann erklären, warum die Zeiten für vor 1992 geborene Kinder weniger wert sind als die für später geborene. Zum anderen bleibt die Finanzierung an den Beitragszahlern hängen.

Gerade bei der Mütterrente gibt es nahezu hundertprozentige Zustimmung aus allen Teilen der Bevölkerung. Bundesarbeitsministerin Nahles hätte mit etwas mehr Zeit und Gründlichkeit Finanzierungsmöglichkeiten finden können, die von allen getragen werden. Denkbare Ansätze wären Umlage- oder Solidaritätsmodelle.

Die Frage, wer die Kosten tragen soll, wird also leider nur zu deutlich beantwortet. Vor allem die Menschen, die aus Lohn und Gehalt Rentenbeiträge zahlen. Die Bundesarbeitsministerin plant schon jetzt, die Rentenbeiträge drastisch zu erhöhen.

Völlig offen geblieben ist auch die Neuregelung der Hinzuverdienstgrenzen für Frührentner. Von den früheren Plänen die Verdienstgrenzen zu lockern, ist nichts übrig geblieben. Die Möglichkeit ihren Lebensstandard durch zusätzliche Arbeit zu sichern, bleibt vielen Frührentnern verschlossen. Die starre Obergrenze von 450 Euro bewirkt mitunter, dass qualifizierte Rentner gar keine Jobangebote annehmen können.

Für den Bundesverband der Rentenberater e.V. sind die Absicherung des Lebensstandards und der Schutz vor Altersarmut die vorrangigen Ziele einer Rentenreform. Dazu gehören: Die Anerkennung von Erziehungs- und Studienzeiten, die allerdings von allen Teilen der Gesellschaft getragen werden sollten. Die Lockerung der Hinzuverdienstgrenzen und die Wiedereinführung der Rente nach Mindestentgeltpunkten, die einen Schutz vor Altersarmut bieten würde. Außerdem könnte durch die Ausweitung und stärkere Förderung der betrieblichen Altersvorsorge der Lebensstandard kommender Rentnergenerationen deutlich verbessert werden.

Donnerstag, 6. Februar 2014

Rentenpaket: Mütterrente

Mütterrente

Eine ältere und eine jüngere Frau lächeln gemeinsam in die Kamera
Mütter, die ihre Kinder vor 1992 bekommen haben, erhalten pro Kind und Jahr über 300 Euro mehr Rente.

Was ist neu?

Die Mütterrente verbessert die soziale Absicherung von Rentnerinnen, die vor 1992 Kinder bekommen und erzogen haben. Sie erhalten einen weiteren Entgeltpunkt für jedes Kind zusätzlich zu ihrem bestehenden Rentenanspruch. Damit sorgt die Mütterrente dafür, dass die Erziehung von Kindern bei der Rente stärker ins Gewicht fällt. Konkret bedeutet das: Mütter (ggf. auch Väter), die von der Regelung profitieren, erhalten pro Monat und Kind einen zusätzlichen (Brutto)Pauschalbetrag von 28,14 Euro in den alten bzw. 25,74 Euro in den neuen Bundesländern. Das entspricht aufs Jahr gerechnet Brutto-Aufschlägen von rund 338 Euro (alte Bundesländer) bzw. rund 309 Euro (neue Bundesländer). Diejenigen, die noch nicht in Rente sind, erhalten für ihre spätere Rente ein weiteres Jahr Kindererziehungszeit gutgeschrieben.

Warum wird die Mütterrente eingeführt?

Die Mütterrente ist eine Anerkennung für die erbrachte Erziehungsleistung. Frauen und Männer, die vor 1992 Kinder großgezogen haben, hatten nicht die Betreuungsmöglichkeiten und damit Chancen auf Berufstätigkeit, wie Eltern sie heute haben. Viele haben die Arbeit unterbrochen oder ganz aufgegeben, um die Erziehung der Kinder zu übernehmen. Ihre Erziehungsleistung soll stärker gewürdigt werden als bisher.

Wer profitiert von der Mütterrente?

Von der neuen Mütterrente profitieren alle Frauen, die vor 1992 Kinder geboren haben – das sind 2014 allein gut 9,5 Millionen Frauen (und auch einige Männer) deutschlandweit.
Ausschnitt aus der Infografik "Mütterrente"
* Regelung gilt für Kinder die vor 1992 geboren sind. Alle Summen sind Bruttosummen.


Was kostet die Mütterrente?

Die Verbesserung der Mütterrente führt zu jährlichen Kosten von derzeit rund 6,7 Milliarden Euro. Diese Kosten können in den nächsten Jahren ohne Beitragssatzerhöhung in der Rentenversicherung finanziert werden. Ab dem Jahr 2019 beteiligt sich der Bund mit zusätzlichen Mitteln an der Finanzierung der neuen Leistungen für Kindererziehung.

Rentenpaket: Rente mit 63 ab 1.07.2014

Abschlagsfreie Rente ab 63

Ein Seniorenpärchen fährt Fahrad im Wald
Langjährig Versicherte können nach 45 Beitragsjahren ab 63 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen. Kurzzeitige Unterbrechungen der Erwerbsbiografie aufgrund von Arbeitslosigkeit werden angerechnet.

Was ist neu?

Wer 45 Jahre Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat, kann mit Vollendung des 63. Lebensjahres ab dem 1. Juli 2014 ohne Abzüge in den Ruhestand gehen. Bisher müssen Versicherte für jeden Monat, den sie vor dem gesetzlichen Renteneintrittsalter aus dem Arbeitsleben ausscheiden, dauerhaft Abschlag bei ihrer Rente in Kauf nehmen.
Bei der Wartezeit von 45 Jahren wird neben den Pflichtbeitragszeiten berücksichtigt: Kurzzeitige Unterbrechungen durch Arbeitslosigkeit (Bezug von Arbeitslosengeld I), Zeiten der Pflege, sofern Versicherungspflicht bestand, Erziehung von Kindern bis zum 10. Lebensjahr. Außerdem werden Schlechtwetter-, Insolvenz- oder Kurzarbeitergeld angerechnet. Dagegen nicht berücksichtigt werden Zeiten mit Arbeitslosenhilfe oder Arbeitslosengeld II, da es sich nicht um Versicherungsleistungen handelt.

Warum wird die Rente ab 63 eingeführt?

Mit der abschlagsfreien Rente ab 63 werden die Menschen belohnt, die durch ihre lange rentenversicherungspflichtige Beschäftigung mit entsprechender Beitragszahlung das Rentensystem wesentlich gestützt haben. Sie sind bereits in jungen Jahren ins Arbeitsleben eingestiegen und haben über Jahrzehnte hinweg durch Beschäftigung, selbständige Tätigkeit und Pflege sowie Kindererziehung ihren Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet. Für diese Menschen wird die Möglichkeit geschaffen nach 45 Beitragsjahren zwei Jahre vor dem regulären Renteneintrittsalter abschlagsfrei in Rente zu gehen.

Schrittweise Anhebung der Rente ab 63

Zwei Jahre früher abschlagsfrei in Rente, das heißt zunächst: mit 63 Jahren. Aus der Rente ab 63 wird dann schrittweise die Rente ab 65. Versicherte, die vor dem 1. Januar 1953 geboren sind und deren Rente nach dem 1. Juli 2014 beginnt, können mit 63 eine Rente ohne Abschläge erhalten, sofern sie auch die sonstigen Voraussetzungen erfüllen. Für Versicherte, die nach dem 1. Januar 1953 geboren sind, steigt die Altersgrenze langsam an, mit jedem Jahrgang um zwei Monate. Wer also nach dem 1. Januar 1964 geboren wurde, kann nach 45 Beitragsjahren abschlagsfrei in Rente gehen, wenn er das 65. Lebensjahr vollendet hat.
Bildbeschreibung

Rentenpaket: Erwerbsminderungsrente ab 1. Juli 2014

 Erwerbsminderungsrente

Eine Gruppe Senioren unternimmt eine Bootsfahrt
Mehr Rente für Erwerbsgeminderte mit Rentenbeginn ab 1. Juli 2014: Die Zurechnungszeit bei der Erwerbminderungsrente steigt von 60 auf 62 Jahre und die Berechnungsgrundlage wird verbessert.

Was ist neu an der Erwerbsminderungsrente?

Menschen, die ab dem 1. Juli 2014 in Erwerbsminderungsrente gehen, werden besser abgesichert:
Wer krank ist, nicht mehr arbeiten kann und in Erwerbsminderungsrente gehen muss, bekommt aktuell eine Rente, als hätte er noch bis zum vollendeten 60. Lebensjahr weiter mit dem alten Verdienst gearbeitet. Diese so genannte „Zurechnungszeit“ wird um zwei Jahre - von 60 auf 62 Jahre - verlängert. Erwerbsgeminderte werden dann so gestellt, als ob sie mit ihrem bisherigen durchschnittlichen Einkommen zwei Jahre länger als bisher gearbeitet hätten. Von dieser Verbesserung profitieren Rentenzugänge ab dem 1. Juli 2014 in die Erwerbsminderungsrente im Alter von unter 62 Jahren.
Neben der Länge der Zurechnungszeit ist für die Höhe der Erwerbsminderungsrente auch entscheidend, wie der Verdienst ermittelt wird, der für die Zurechnungszeit fortgeschrieben wird. Bislang wird die Zurechnungszeit auf Grundlage des Durchschnittsverdiensts während des gesamten Erwerbslebens bis zum Eintritt der Erwerbsminderung bewertet. Mit dem Rentenpaket ändert sich das:
Künftig wird geprüft, ob gegebenenfalls die letzten vier Jahre bis zum Eintritt der Erwerbsminderung diese Bewertung negativ beeinflussen, etwa weil in dieser Zeit wegen Einschränkungen bereits Einkommenseinbußen zu verzeichnen waren. Das ist häufig der Fall, etwa weil die Menschen in dieser Zeit schon häufig krank waren, oder krankheitsbedingt nicht mehr so viel bzw. gar nicht mehr arbeiten konnten. Mindern die letzten vier Jahre bis zum Eintritt der Erwerbsminderung die Ansprüche, fallen sie künftig aus der Berechnung heraus. Diese so genannte „Günstigerprüfung“ führt die Deutsche Rentenversicherung durch. Das Ergebnis ist immer das für den Erwerbsminderungsrentner positivere.

Warum wird die Erwerbsminderungsrente verbessert?

In den letzten Jahren sind die Erwerbsminderungsrenten kontinuierlich gesunken. Während der durchschnittliche Rentenzahlbetrag im Jahr 2001 noch bei 676 Euro lag, waren es 2012 durchschnittlich nur noch 607 Euro. Diejenigen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erwerbstätig sein können, sind jedoch auf die Solidarität der Versichertengemeinschaft angewiesen und müssen auf diese Solidarität vertrauen können.

Wer profitiert von der neuen Erwerbsminderungsrente?

Von der verbesserten Erwerbsminderungsrente werden alle Versicherten profitieren, die ab dem 1. Juli 2014 im Alter von unter 62 Jahren in Erwerbsminderungsrente gehen.
Ausschnitt aus der Infografik "Erwerbsminderungsrente"

Mittwoch, 5. Februar 2014

Erwerbsminderungsrente - Ein Praxisverfahren in Stichpunkten

  • Rentenantrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungrente am 23.01.2012 unter Vorlage Befundberichte der behandelnden Ärzte.
  • Rentenablehnungsbescheid bereits am 16.02.2012, nach einer Bearbeitungszeit von nur ca. 3 Wochen.
  • Widerspruch zur Fristwahrung mit Antrag auf Akteneinsicht am 23.02.2012.
  • Widerspruchsbegründung nach Akteneinsicht am 28.03.2012.
  • Aus der Akteneinsicht war ersichtlich, dass der Rentenversicherungsträger im Antragsverfahren lediglich Ermittlungen im Wege einer amtsärztlichen Begutachtung bei einem Internisten am 8.02.2012 durchgeführt hat, obwohl die Krankheitsmerkmal einer rheumatologischen, psychiatrischen oder/und algesiologischen Begutachtung entsprachen.
    Es erfolgte keine Würdigung der im Antrag beigebrachten fachärztlichen Unterlagen. Ebenfalls erfolgte keine Befragung der behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen.
  • Ablehnender Widerspruchsbescheid am 22.05.2012
  • Klage zur Fristwahrung mit erneutem Antrag auf Akteneinsicht vor dem Sozialgericht in Stuttgart am 1.06.2012.
  • Begründung der Klage nach Akteneinsicht am 9.07.2012.
  • Aus der Akteneinsicht war erneut ersichtlich, dass die nunmehr Beklagte Rentenversicherung wiederholt keine antragsgemäßen Ermittlungen durchgeführt hat. Es erfolgte lediglich ein Verweis auf den internistischen Amtsgutachter und ein fragwürdiger Hinweis, dass keine neuen medizinischen Sachverhalt vorgebracht wurden.
  • Zwischenzeitlich (von 19.03. bis 29.03.2013) wurde die Versicherte stationär schmerztherapeutisch behandelt. Eine psychiatrische und auch psychotherapeutische Behandlung wurde durchgehend engmaschig in Anspruch genommen.
  • Im Auftrag des Sozialgerichts wurde ein psychiatrisches Fachgutachten mit Untersuchung am 18.06.2013 durchgeführt.
  • Das Begutachtungsergebnis stützte das Klagebegehren der Klägerin mit einem Leistungsfall bei voller Erwerbsminderung seit spätestens Antragstellung im Januar 2012.
  • Die Beklagte anerkennt mit Stellungnahme an das Sozialgericht vom 30.07.2013 das aufgehobene Leistungsvermögen mit Untersuchungsdatum ab 18.06.2013. Eine Rentengewährung wird jedoch verneint, da die Beklagte noch immer die Auffassung vertritt, dass die gesundheitlichen Einschränkungen nicht auf Dauer sondern auf absehbare Zeit vorliegen.
  • Nach diversem Briefwechsel und Stellungnahmen über das Sozialgericht, erklärt die Beklagte am 18.09.2013 erneut ihre Rechtsauffassung auch unter Verweis auf die Ansicht des amtlichen Sozialmediziners, welcher unseres Erachtens wiederum inhaltlich komplett am gerichtlichen Gutachter und dessen Ergebnis vorbei argumentiert.
  • Nach erneuter Stellungnahme und Fehlinterpretation von Seiten des Sozialmediziners am 25.10.2013, wobei offensichtlich auch unsachliche und bereits entkräftete Behauptungen gemacht wurden, sah sich das Sozialgericht veranlasst den Rechtsstreit zur mündlichen Verhandlung vorzusehen.
  • Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Stuttgart am 5.02.2014 um 8:30 Uhr.
  • Nach kurzer Zeugenbefragung der Klägerin seitens der Vorsitzenden Richterin und Klarstellung kleinerer Sachverhalte unterbreitete die Beklagte einen Vergleichsvorschlag (Voll-Anerkenntnis) bei Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer mit einem Leistungsfall ab Rentenantragstellung im Januar 2012 und Rentenbeginn ab 1.02.2012 bei vollumfänglicher Kostenübernahme.
  • Die zu erwartende Rentennachzahlungssumme beläuft sich auf mehr als 21.000,- €.
Sozialgericht Stuttgart