Mittwoch, 18. Dezember 2013

Renteninformation oder Rentenillusion?!

Das Erste - Sendung Plusminus


Renteninformation: Viel zu hohe Altersbezüge versprochen | Video verfügbar bis 11.12.2014
Senioren werden beraten
So wenig bleibt übrig?

Arbeitnehmer erhalten jährlich eine Renteninformation der Gesetzlichen Rentenversicherung. Darin steht vor allem, mit welcher Rente sie beim Eintritt in den Ruhestand rechnen können. Diese Werte aber sind häufig viel zu optimistisch.
Diana Gehring arbeitet als Erzieherin in einer Stuttgarter Kita. Mit 2.700 € brutto verdient die 32-jährige ein Durchschnittseinkommen. Trotz ihrer Zwillinge arbeitet die Alleinerziehende seit zehn Jahren Vollzeit - auch weil sie möglichst viel in die Rentenkasse einzahlen will.
Einmal im Jahr bekommt sie Post von der Gesetzlichen Rentenversicherung: Die Renteninformation. Dort steht - mit einem Kästchen hervorgehoben - der Betrag, den sie zu erwarten hat, wenn sie weiterarbeitet wie bisher: 1.333 €. Diana Gehring findet, dass es mehr sein könnte, aber es ist für sie zumindest einmal ein Anfang. Sie glaubt, dass ihr die gesetzliche Rente demnach rund 75 Prozent ihres Netto-Gehaltes bringt.

Schockierende Rechenergebnisse

Der renommierte Versicherungsexperte Peter Schramm hat für die ARD viele Rentenberechnungen analysiert. Wir bitten ihn, sich die Renteninformation von Diana Gehring genauer anzusehen. Bleibt es wirklich bei 1.333 €?
Das Ergebnis ist ein Schock. Diana Gehring droht im Alter ein drastischer Absturz. Im Moment hat sie 1.700 € netto. Im Alter soll es 1.333 € Rente geben - brutto. Davon bleiben aber real nur 950 € übrig - damit läge sie 750 € unter ihrem jetzigen Nettolohn.
Peter Schramm, unabhängiger Versicherungsmathematiker:
"Wenn man so ein mittleres Einkommen hat, dann landet man ungefähr auf dem Grundsicherungsniveau, ja das ist eine durchaus realistische Aussicht."

Gigantische Rentenlücke trotz guten Einkommens

Rentenlücke
Kleine Rente trotz guten Verdienstes

Auch bei älteren Beschäftigen sieht es nicht viel besser aus. Hubert Bauer ist Facharbeiter bei Festo in Esslingen, Weltmarktführer für Automatisierungstechnik. Er hat noch 15 Jahre bis zur Rente. Seit seinem 17. Lebensjahr war er immer berufstätig - aktuell als Industriemechaniker bei dem schwäbischen High-Tech-Unternehmen. Von dort bringt er gutes Geld nach Hause. Im Moment bleiben ihm rund 2.500 € netto. Und laut Renteninformation kann er sich auf eine ordentliche Rente freuen. Nach der Renteninformation rechnet er mit immerhin 1.374,84 €. Über die Rentenanpassung könnte das angeblich noch beträchtlich höher ausfallen, bei 1 Prozent jährlicher Steigerung schon über 1.500 €, bei 2 Prozent 1.770 €. Hubert Bauer denkt also, dass er mit der gesetzlichen Rente auf rund 60 Prozent seines Nettolohnes kommt. Doch selbst das ist viel zu optimistisch. Auch er wird deutlich weniger gesetzliche Rente bekommen.
Heute verdient er 2.500 € netto. Die in Aussicht gestellten 1.375 € gesetzliche Rente werden aber netto nur 990 € wert sein.

Werden Normalverdiener zu armen Rentnern?

Grafik: Rentenabzüge
So viel wird abgezogen

Was in der Renteninfo noch nach viel aussieht, ist bei Renteneintritt deutlich weniger wert. Drei Faktoren schlagen zu Buche:
  • Durch die zunehmende Besteuerung reduziert sich die Rente um bis zu 15 Prozent.
  • Dazu kommen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge - schon jetzt mehr als 10 Prozent.
  • Schließlich bedeutet die gesetzlich beschlossene Absenkung des Rentenniveaus nochmals ein Minus von 12 bis18 Prozent.
Professor Stefan Sell vom Institut für Sozialpolitik in Koblenz befürchtet, dass all diese Faktoren zusammen dazu führen, dass auch Normalverdiener auf das Hartz-IV-Niveau gedrückt werden.

Irreführende Bruttobeträge

Die offizielle Renteninformation ist offenbar irreführend. Im Kästchen steht eine Bruttosumme, nimmt man sie für bare Münze, ist man beruhigt. Zumal sogar noch hochgerechnet wird, was herauskommt, wenn die Rente regelmäßig steigt: bis zu 2.660 €. Doch Vorsicht:
Professor Stefan Sell, Institut für Sozialpolitik, Koblenz:
"Eine ganz gefährliche Rentenillusion - die Rentenillusion liegt darin, dass den Leuten heute quasi per Amt vom Staat wird ihnen ein Betrag in € genannt, den sie zu erwarten haben. Ein Betrag, den doch jeder von uns auf alles, was man sich heute kaufen kann, umrechnet."

Planmäßiger Wertverlust

Steuererklärung
Wie viel wohl übrig bleibt?

In Zukunft aber werden die Renten laut Gesetz grundsätzlich weniger stark steigen als die Löhne und so planmäßig an Wert verlieren. Auf der Rückseite der Renteninformation warnt die Rentenversicherung vor dem Kaufkraftverlust und erklärt, dass der Betrag auf der Vorderseite real deutlich weniger wert sein wird als heute. Dass davon außerdem noch Steuern und Sozialabgaben weggehen, wird zwar gesagt. Aber es wird nicht vorgerechnet, wie hoch die Abzüge sind.
Dazu fehlten ihr die notwendigen Daten, und allgemeine Beispiele seien irreführend, sagt die Rentenversicherung. Und weiter: "Die Renteninformation liefert ein realistisches Bild der zu erwartenden Rente (..), soweit dies aus heutiger Sicht möglich ist."
Professor Stefan Sell dagegen meint, man habe gute Gründe, den Leuten nicht die bittere Renten-Wahrheit zu sagen:
"Wenn das den Leuten transparent gemacht werden würde, dann würde natürlich der gesamte Legitimationsunterbau der Rentenversicherung in sich zusammenbrechen, weil  die Leute würden zurecht eine ganz simple Frage stellen, nämlich, warum soll ich in so ein System einzahlen, teilweise erhebliche Beiträge von meinem Einkommen, wenn ich eh nur eine Leistung bekomme, die der Grundsicherung entspricht."
Rund 324.000 € wird Hubert Bauer nach 50 Arbeitsjahren in die Rentenkasse eingezahlt haben. Am Ende wird er trotzdem nicht viel mehr haben als jemand, der im Alter auf Sozialhilfe angewiesen ist und nie einen Cent eingezahlt hat.
Die Deutsche Rentenversicherung hat aktuell noch einmal auf den PLUSMINUS-Bericht reagiert. Sie argumentiert: "Eine individuelle Berechnung der Nettorente" sei ihr ohne persönliche Daten der Versicherten nicht möglich. Sie komme bei einem Rentenbetrag von 1.300 €, der auf der Renteninformation in Aussicht gestellt wird, auf eine spätere Netto-Monatsrente von ca. 1.100 €. Dabei berücksichtigt sie jedoch nur Steuer- und Sozialversicherungs-Abzüge, nicht aber das abgesenkte Rentenniveau. Durch die verlangsamte Anpassung der künftigen Renten an die Lohnentwicklung gehen aber je nach Dauer bis zum Renteneintritt noch einmal weitere 100 bis 150 € bei der Nettorente des Durchschnittsverdieners verloren.

Montag, 16. Dezember 2013

Viele Rentenbescheide sind falsch – bis 31.12. können sich Rentner höhere Nachzahlungen sichern!

Quelle: Bundesverband der Rentenberater


Anträge auf Überprüfung des Rentenbescheides müssen aber bis Jahresende eingegangen sein
Die Erfahrungen des Bundesverbandes der Rentenberater e.V. zeigen: Viele Rentenbescheide sind falsch, dadurch entgehen Rentnern in Deutschland jedes Jahr Beträge bis zu einigen hundert Euro.

Tipp 1: Stellen Sie noch vor dem 31.12. den Antrag, dass Ihr Bescheid geprüft werden soll. Wenn dieser Antrag bis zum 31. Dezember 2013 beim zuständigen Träger eingeht, wird rückwirkend ab dem 1.1.2009 neu berechnet. Nachgezahlt wird dann also für fast fünf Jahre. Geht der Antrag erst zum 1.1.2014 oder später ein, ergibt sich in der Regel eine Nachzahlung erst ab dem 1. Januar 2010 – es geht also ein ganzes Jahr verloren.

Um die entsprechenden Fristen zu wahren, reicht ein formloses Schreiben ohne Begründung. Allerdings kann die Prüfung des Rentenbescheides auch zu einer Minderung der Rente führen. Deswegen empfiehlt sich in jedem Fall, vor Antragsstellung einen Rentenberater aufzusuchen.

Tipp 2: Auch wer noch keine Rente bezieht, sollte seine Rentenauskünfte von einem Rentenberater überprüfen lassen. Zum einen erkennen Rentenberater Fehler, die sich in den Verlauf eingeschlichen haben und können diese im Vorfeld beheben. Zum anderen können die Betroffenen bei zeitig festgestellter Unterversorgung unter Umständen noch gegensteuern.

Rentenberater sind keine Versicherungsmakler, sondern Sozialrechtsexperten, die dem Wohl ihrer Mandanten verantwortlich sind. Sie beraten und vertreten ihre Mandanten – ähnlich wie Anwälte – in allen Fragen des Sozialversicherungsrechts.