Am 7.02.2011 kontaktierte mich eine Mandantin und erschien sogleich zum Beratungsgespräch. Völlig aufgelöst wurde mir ein Bescheid der gesetzlichen Rentenversicherung vom 17.01.2011 vorgelegt, wonach die Dame nach § 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sei. Diesem Bescheid ebenfalls beigefügt war eine Beitragsforderung von über 30.000 Euro. Beiträge für die Zeit vor 2006 seien wiederum verjährt und nicht mehr zu entrichten.
Meine Mandantin war zu diesem Zeitpunkt bereits 59 Jahre alt und seit 1989 als Unternehmensberaterin, zuletzt nur noch in geringerem Umfang, tätig.
Gegen den Feststellungs- und Beitragsbescheid der Deutschen Rentenversicherung wurde sodann fristgerecht Widerspruch eingereicht und Akteneinsicht in die Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung beantragt.
Mit Bescheid vom15.03.2011 erhöhte die Deutsche Rentenversicherung die Beitragsforderung nebst Säumniszuschläge auf nunmehr 40.160,40 Euro. Auch hiergegen wurde Widerspruch erhoben und darauf verwiesen, dass in dieser Rechtssache nun bereits ein Widerspruch zur Statusklärung eingereicht wurde.
Nach Akteneinsicht konnte Ende März 2011 der Widerspruch begründet werden. Vorab wurde beanstandet, dass der Bescheid eine Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI unterstellt. Hierbei handelt es sich in Nr. 1 um Lehrer und Erzieher, in Nr. 2 um Pflegepersonen und in Nr. 3 um Hebammen und Entbindungspfleger. Diese unkonkrete Benennung einer Rechtsvorschrift stellt bereits einen rechtswidrigen Verstoß dar, da ein Verwaltungsakt bestimmt und ausreichend begründet sein muss.
Weitergehend wurde das Berufsbild der Mandantin nochmals erläutert als auch der Umfang der selbständigen Tätigkeit und die Möglichkeit einer im worst case Fall einkommensgerechten Beitragszahlung vorgetragen.
Am 5.07.2011 korrigierte und konkretisierte die Deutsche Rentenversicherung die unterstellte Versicherungspflicht. Die Mandantin führe als selbständige Unternehmensberaterin ein Mitarbeiter- und Führungscoaching durch. Nach Auffassung der Deutschen Rentenversicherung handelt es sich bei derart Tätigkeiten in der Rechtssprechung um Wissensvermittlung, wie sie von einem typischen Lehrer ausgeübt wird. Demnach entsteht Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI.
Daraufhin und unter Beachtung der Umsätze unserer Mandantin korrigierte die Deutsche Rentenversicherung den zeitlichen Umfang der Versicherungspflicht und auch die Beitragsforderung wurde entsprechend angepasst. Die Forderung betrage nach Auffassung der Deutschen Rentenversicherung nun "lediglich" noch 6.817,41 Euro. Auch gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Widerspruch erhoben.
Im erneuten Widerspruchsverfahren ging es jetzt um die Abgrenzung zwischen der Tätigkeit eines Unternehmensberaters und die des typischen Lehrers. Im Januar 2012 wollte die Deutsche Rentenversicherung demnach erneut prüfen, ob die Einkommensbestandteile aus der Tätigkeit des systematischen Coachings alleine die Geringfügigkeitsgrenze überschreiten.
Zwischenzeitlich wurde natürlich auch die Beitragsforderung zzgl. Säumniszuschläge auf 10.275,46 Euro angehoben, obgleich behördenintern erneut Ermittlungen durchzuführen waren. Bereits am 15.02.2012 wurde die Beitragsforderung erneut angemahnt und auf 10.495,68 Euro angehoben. Nach telefonischer Rücksprache mit der Deutschen Rentenversicherung wurde über ein maschinelles Problem gesprochen.
Am 15.05.2012 wurde das Tätigkeitsprofil der Mandantin in Bezug auf das "systematische Coaching" ausführlich schriftlich erläutert und der Deutschen Rentenversicherung zur Beschleunigung der Angelegenheit zugesandt. Erst am 8.01.2013 wiederholte die Deutsche Rentenversicherung dann, dass nach deren Ermittlungen und nach deren rechtlicher Auffassung weiterhin eine Versicherungspflicht als Lehrer gegeben sei. Der Vorgang sei deshalb von der Sachbearbeitung an die Grundsatzabteilung der Deutschen Rentenversicherung abgeben worden. Am 27.03.2013 wurde seitens der Deutschen Rentenversicherung aufgrund offener, ähnlicher Rechtsangelegenheiten vor dem Bundessozialgericht das Ruhen des Verfahrens vorgeschlagen. Diesem Ruhen wurde zugestimmt.
Mit Schreiben vom 5.08.2014 wurde nach Urteils- und Rechtsrecherche bei der Deutschen Rentenversicherung nach dem aktuellen Sachstand gefragt. Erneut dann am 2.04.2015, worauf die Deutsche Rentenversicherung im Einzeiler mitteilte, es würden noch mehrere sozialgerichtliche Verfahren laufen. Nach weiterem Zuwarten wurde am 13.11.2015 um Mitteilung der Aktenzeichen der sozialgerichtlichen Verfahren gebeten, auf die sich die Deutsche Rentenversicherung berufen wollte.
Darauf folgten dann nach einer Verfahrenszeit von insgesamt 5 Jahren mit Datum vom 24.02.2016 zwei Bescheide.
Der eine Bescheid bestätigte die selbständige Tätigkeit, die nicht zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung führe, da die Art der ausgeübten Tätigkeit nicht zu den Berufsgruppen gehört, welche der Versicherungspflicht kraft Gesetzes unterliegen.
Der zweite Bescheid war eine Aufhebungsentscheidung des Bescheides vom 17.01.2011 und aller daraus resultierenden Beitragsbescheide / Forderungen von zeitweise über 40.000 Euro.
Den Widersprüchen wurde somit vollumfänglich abgeholfen. Kosten waren nach § 63 SGB X von der Behörde zu erstatten.
Sind auch Sie sich im Unklaren, ob Sie mit Ihrer Tätigkeit ggf. Gefahr laufen kraft Gesetzes der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu unterliegen? Rufen Sie an, lassen Sie sich beraten! Die Kosten einer Optimierungsberatung sind vergleichsweise zum Schadensfall nichtig.
Auf Unwissenheit kann man sich im Übrigen nicht berufen. Die Versicherungspflicht beginnt grundsätzlich mit dem Tag der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit.
Dienstag, 30. August 2016
Montag, 29. August 2016
Verzinsung von nachgezahlten Sozialleistungen / Krankengeld
Nach langjähriger gerichtlicher Angelegenheit, bis hin zur Beschwerde vor dem Bundessozialgericht, wurde die Krankenversicherung mit Beschluss des Bundessozialgerichts vom 8.07.2015 abschließend verurteilt dem Kläger ein bis dato nicht ausgezahltes Krankengeld für die Zeit von 12/2010 bis 3/2011 in Höhe von 8.047,75 Euro auszubezahlen.
Die Krankenversicherung des Klägers vertritt die Auffassung, dass das nachgezahlte Krankengeld nicht zu verzinsen ist, da die Krankengeldzahlung erst durch Beschluss des Bundessozialgerichts am 8.07.2015 fällig geworden ist. Eine Verzinsung könne daher frühestens ab dem 1.09.2015, d.h. nach Ablauf des August 2015 nach Eintritt der Fälligkeit beginnen.
Die beklagte Krankenversicherung wurde im außergerichtlichen Vorverfahren darauf hingewiesen, dass eine Verzinsung nach § 44 SGB I trotzdem zusteht, sofern der Leistungsanspruch erst in einem Widerspruchs- oder sozialgerichtlichen Verfahren festgestellt nachträglich festgestellt wird. Diesem Hinweis wollte die Krankenversicherung nicht folgen und erlies sodann erneut einen klagefähigen Widerspruchsbescheid.
Im nun anhängigen Klageverfahren wurde nochmals dargelegt, dass zum Zeitpunkt der Arbeitsunfähigkeit im Dezember 2012 die Voraussetzungen für die Krankengeldzahlung zwangsläufig vorlagen (§ 40 SGB I). Ansprüche auf Sozialleistungen werden mit deren Entstehen fällig (§ 41 SGB I).
Die Verzingungspflicht gelte auch dann, wenn zu einer Rechtsfrage zunächst unterschiedliche Auffassungen zwischen dem Berechtigten und dem Sozialleistungsträger bestehen, so dass eine Klärung durch die Sozialgerichtsbarkeit erforderlich ist. Geht diese zugunsten des Berechtigten aus, besteht Verzinsungspflicht. Im Gerichtsverfahren kann zur Leistung nur verurteilt werden, wenn der geltend gemachte Anspruch fällig ist.
Die Krankenversicherung des Klägers vertritt die Auffassung, dass das nachgezahlte Krankengeld nicht zu verzinsen ist, da die Krankengeldzahlung erst durch Beschluss des Bundessozialgerichts am 8.07.2015 fällig geworden ist. Eine Verzinsung könne daher frühestens ab dem 1.09.2015, d.h. nach Ablauf des August 2015 nach Eintritt der Fälligkeit beginnen.
Die beklagte Krankenversicherung wurde im außergerichtlichen Vorverfahren darauf hingewiesen, dass eine Verzinsung nach § 44 SGB I trotzdem zusteht, sofern der Leistungsanspruch erst in einem Widerspruchs- oder sozialgerichtlichen Verfahren festgestellt nachträglich festgestellt wird. Diesem Hinweis wollte die Krankenversicherung nicht folgen und erlies sodann erneut einen klagefähigen Widerspruchsbescheid.
Im nun anhängigen Klageverfahren wurde nochmals dargelegt, dass zum Zeitpunkt der Arbeitsunfähigkeit im Dezember 2012 die Voraussetzungen für die Krankengeldzahlung zwangsläufig vorlagen (§ 40 SGB I). Ansprüche auf Sozialleistungen werden mit deren Entstehen fällig (§ 41 SGB I).
Die Verzingungspflicht gelte auch dann, wenn zu einer Rechtsfrage zunächst unterschiedliche Auffassungen zwischen dem Berechtigten und dem Sozialleistungsträger bestehen, so dass eine Klärung durch die Sozialgerichtsbarkeit erforderlich ist. Geht diese zugunsten des Berechtigten aus, besteht Verzinsungspflicht. Im Gerichtsverfahren kann zur Leistung nur verurteilt werden, wenn der geltend gemachte Anspruch fällig ist.
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